In Köln waren die Lage des Flugplatzes
am Butzweiler Hof und die Verkehrsverhältnisse so ungünstig, daß in
früheren Jahren niemand das unternehmerische Risiko hatte übernehmen
wollen. Nun aber trat 1934 die Gauleitung der
nationalsozialistischen Partei als Veranstalter auf. Es war kaum zu
glauben, aber sie brachte in Köln tatsächlich fast eine viertel
Million Menschen auf die Beine. Direkt neben dem Flugplatz führte
eine Eisenbahnlinie vorbei, und hier baute man für diesen einen
Flugtag sogar einen provisorischen Bahnhof! Ab Mittag traf alle fünf
Minuten ein Sonderzug ein. Mir ist heute noch unerklärlich, wie
der An- und Abmarsch von 250000 Besuchern so einwandfrei
funktionieren konnte. In einem Rahmenprogramm war ich für einen Flug
verpflichtet worden. Natürlich hatte man unter Hinweis auf meinen
großen Erfolg in Paris wochenlang vorher Reklame gemacht.
Entsprechend hoch waren die Erwartungen der teilweise von weither
angereisten Zuschauer. Wenn man sieben Jahre lang Schauflüge
ausgeführt hat, verfügt man über große Erfahrungen, weiß, worauf es
ankommt und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Ich wußte,
wie ich den Kontakt zu den Zuschauern herstellen konnte, und während
meines Fluges riß diese Verbindung nicht mehr ab. Meine
Vertragspartner hatten dafür zu sorgen, daß während mei-nes Fluges
kein anderes Flugzeug über oder in der Nähe des Platzes war. Musik
und sonstige Übertragungen, die sich nicht auf meinen Flug bezogen,
hatten, solange ich in der Luft war, zu unterbleiben. Wurden die
vereinbarten Bedingungen nicht erfüllt, startete ich nicht. Im
Gegensatz zu einem Wettbewerbsflug, bei dem ich an die
Ausschreibungsbedingungen und die Jury dachte, flog ich beim
Schauflug nur für das Publikum. Bei diesen Flügen fühlte ich mich
frei, losgelöst, sozusagen in einer anderen Welt, wie in einem
Rausch. Für mich war ein programmierter Kunstflug vor einer
er-wartungsvollen Menschenmenge so etwas wie rhythmische Musik. Mein
Flug hinterließ unterschiedliche Eindrücke. Sie spiegelten sich in
den Presseberichten wider: »Man sah kühne Luftakrobatik! — Ein Spiel
mit der Gefahr und dem Leben! — Virtuose Beherrschung eines
Flugzeugs! Nach der Landung wachte er auf aus einer scharfen
Konzentration!« Quelle: "Meine Bahn am Himmel" Gerhard
Fieseler, 1979
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