Über
meine Tätigkeit als TOWER CONTROLLER auf dem damaligen, militärisch
genutzten Teil des Flugplatzes Köln-Butzweilerhof (von: Helmut
Schumacher, 53773 Hennef)
Nach einer 3-jährigen Dienstzeit bei der Bundes-Luftwaffe (1958-61), in der
ich zum „Flugberater/Flugabfertiger“ ausgebildet wurde, (und in welcher
Funktion ich von 1960-61 in Köln-Wahn bei der damals dort angesiedelten
Zentralstelle für militärische Flugsicherung für die Überwachung von
militärischen Flugbewegungen im Raum der damaligen Bundesrepublik
Deutschland Einsatz war), trat ich nach Ende meiner Dienstzeit am 16. Mai
1961 meinen neuen Job als Tower Controller (Flugleiter) an.
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Alouette II
Hubschrauber der Belgischen
16. Esc. Lt. Avn. vor den Flugzeughallen des Butzweilerhofs. |
Der militärische
Teil des Flugplatzes Butzweilerhof wurde durch die Belgischen Heeresflieger
genutzt, die dort mit ihrer 16. Esc. Lt. Avn, Abteilung stationiert war. Sie
bestand, neben einer größeren Instandsetzungsgruppe mit Werkstätten, in
ihrem fliegerischen Teil aus einer Staffel mit Hubschraubern des Typs
Alouette II sowie einmotorigen
Piper L18C Kleinflugzeugen. Ihre Aufgabe
bestand im Wesentlichen darin, militärisches Personal oder wichtige
Versorgungsgüter an alle belgischen Militärstandorte in der damaligen
Bundesrepublik zu verteilen, also Flüge u.a. nach Aachen-Merzbrück,
Vogelsang, Korbach, Siegen, Arolsen, Werl und Kassel. Es wurden aber auch
diverse Militärflugplätze in Belgien regelmäßig angeflogen, wie
beispielsweise: Brüssel, Liège Bierset, Koksijde und der Truppenübungsplatz
Elsenborn bei Büttgenbach in der Eifel. Dadurch herrschte wochentags ein
einigermaßen reger Flugbetrieb, der jedoch nur unter Sichtflugbedingungen
abgewickelt werden konnte, d. h. Mindestsicht 1,5 km und unterhalb der
Wolken. Wagemutige Piloten hielten sich jedoch nicht immer an diese Regel;
sie probierten es schon mal und nutzen ein Loch in der Wolkendecke um weiter
oben nach besseren meteorologischen Bedingungen zu suchen (man wollte ja
unbedingt Fliegen, darauf waren alle ganz wild…) und dann einen geplanten
Flug doch zu absolvieren, obwohl dieser – unter strenger Auslegung der
Sicherheitsregeln – sonst hätte entfallen müssen. Der Sprechfunkverkehr
zwischen dem Tower den Flugzeugen und Helicoptern (le „Radio“) lief im
VHF-Frequenzbereich ab, der damals (wie auch heute noch) für
Flugsicherungszwecke reserviert ist, beispielsweise 118,0 Mhz, oder 125,8
Mhz; das Frequenzband 121,5 Mhz war für Notfälle reserviert.
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Flugcontrolleiter Helmut
Schumacher an seinem Arbeitsplatz im Belgischen Tower auf dem
Butzweilerhof. |
Der
Funksprechverkehr war ein Wechselverfahren, d. h. es konnte immer nur einer
zur gegebenen Zeit sprechen, entweder der Pilot oder der Tower Controller.
Die Funktechnik im Kontrollturm von Butzweilerhof war selbstgestrickt und
daher nicht störungsfrei: Immer wieder rückte der Staffelkommandant,
Capitaine Depienne, höchstpersönlich (er war der versierter Bastler) mit
einem Lötkolben an, klappte den Kontrolltisch hoch und suchte nach
gebrochenen Lötverbindungen bzw. nach anderen defekt gegangenen
Elektronikteilen. Nach 1 – 2 Stunden lief dann der Funk meißtens wieder und
der Capitaine zog höchst befriedigt wieder ab. Besonders ereignisreich war
der Job im Tower nicht unbedingt; alles lief in sehr geregelten Bahnen ab.
Mein unmittelbarer Fachvorgesetzter (Besser: Kollege) mit dem Dienstgrad
„Erster Sergant Chef“ (entsprechend dem deutschen Oberfeldwebel), war Jaques
Legain; er sprach sehr gut Englisch und Deutsch und natürlich vorzüglich
Französisch und Flämisch. Später kam dann noch der Soldat Labasse hinzu, der
aber nur französich- und englisch-sprachig war.
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Luftlandebleche - PSP-Platte (Pierce Steel Planking) |
Ebenerdig im kleinen
Kontrollturm waren die Fernschreibabteilung und die „Wetterfrösche“
untergebracht. Alle belgischen Arbeitskollegen waren natürlich
Berufssoldaten und alle waren sehr freundlich und umgänglich. Es herrschte
ein rundherum prima Arbeitsklima. Etwa alle acht Wochen stand eine
Nachtflugübung auf dem belgischen Dienstplan. Obwohl ich dazu nicht
verpflichtet war, weil das außerhalb meiner täglichen Arbeitszeit lag,
machte ich damals öfters freiwillig Nachtdienst im Tower. Die Aufgabe für
die Piloten bestand dann hauptsächlich darin, Start und Landungen zu üben
und saubere Platzrunden zu fliegen. Die Hauptlandebahn (damals zum Teil aus
Beton, zum Teil aus stählernen Luftlandeblechen bestehend (siehe Foto) wurde
zuvor mit einer mobilen Landebahnbefeuerung versehen.
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Der Belgische Tower in den
1960er Jahren. |
Der Ablauf der Fliegerei war, aus Sicht der Kontrollturmbesatzung,
relativ einfach und überschaubar, frei nach dem Motto: Aus dem Sichtfeld
raus = aus der Verantwortung vom Butz-Tower raus: Der Flugverkehr erfolgte
ausschließlich nach den international gültigen VFR-Regelungen, d.h. nach
Sichtflugbedingungen. Ankommende Flugzeuge meldeten sich etwa 10-15 Minuten
vor dem erwarteten Eintreffen in Butz über Funk beim Tower an, erhielten vom
Diensthabenden Informationen zum Bodenwind, der im Gebrauch befindlichen
Landebahn und zur aktuellen Verkehrssituation in Sichtweite des Towers.
Natürlich fand der Sprechfunkverkehr in der international üblichen
Fachsprache, also in Englisch statt. Nach Einflug in die Platzrunde
erfolgten gegebenenfalls weitere Anweisungen und spätestens im Endanflugteil
dann die Landefreigabe; nach Landung eine Rollfreigabe zur Parkposition.
Abfliegenden Maschinen wurde die Startbahn zugewiesen, letzte
Windinformationen und eine Startfreigabe erteilt. Interessanter wurde es,
wenn sich per Sprechfunk beispielsweise eine Maschine der Royal Air Force
bei uns meldete und ein „Homing“ beantragte. Der Tower war nämlich mit einer
„Homing-Station“ ausgestattet, mit deren Hilfe ein funknavigatorisches
Zielanflugverfahren möglich war. Der Pilot betätigte für einige Sekunden
eine Sendetaste und erbat eine „true bearing“ (rechtweisende Peilung). Das
Hominggerät zeigte daraufhin auf einer 360°-Skala über einen analogen
Zeiger den vom Flugzeug zu steuernden Kurs an, der (ohne Seitenwindeinfluß)
die kürzeste Strecke zum Flugplatz war. Da jedoch 100%iger Rücken- oder
Gegenwind in der Flughöhe nur ganz selten vorkommt, ist die Maschine fast
immer einer seitlichen Abdrift unterworfen. Daher wurde die Peilung mehrmals
wiederholt, d.h. es waren mehrere Homingaktionen nacheinander mit jeweils
neuen Steuerkursen erforderlich, um die Maschine trotz der resultierenden
„Hundekurve“ schließlich genau zum Flugplatz zu führen. Gerne erbaten die
RAF-Piloten solche „Homings“ als ein Radial vom Flugplatz zur Maschine, um
durch Funkpeilung die aktuelle eigene Position im Luftraum zu überprüfen.
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Fernschreiber der Belgischen Heeresflieger
im Belgischen Tower Butzweilerhof. |
Etwa ein Jahr nach meiner Arbeitsaufnahme ließ sich der Staffelkommandeur
Capitaine Depienne von mir von der Nützlichkeit überzeugen, am
Butzweilerhof eine Flugberatung einzuführen und den Flugplatz Butzweilerhof
an das weltweite NOTAM-Netz anzuschließen. Es handelt sich um ein
weltweites Informationssystem mit Hilfe des Fernschreibnetzes (die
Abkürzung „NOTAM“ steht für Notice to Airmen), in dem permanent wichtige
Informationen zu Flugplätzen,
Luftstraßen, dem Ausfall von
Navigationssystemen, Neuerungen und vieles mehr veröffentlicht werden, so
daß sich jeder Pilot vor Antritt seines Fluges bei der örtlichen
Flugberatung darüber informieren kann, ob es auf der vorgesehenen
Flugstrecke oder am Zielflughafen Probleme oder neue Verfahren gibt, die es
zu beachten gilt. Mit Einführung des NOTAM Service am Butzweilerhof wurde
dann das Wahrnehmen der Flugberatung vor Flugantritt für die belgischen
Militärpiloten am Butz verpflichtend eingeführt! Mit den Zivilfliegern am
Butz hatten die Belgier nicht so sehr viel „am Hut“, zumindest so lange
nicht, wie diese den militärischen Flugbetrieb nicht störten, und das kam
eigentlich selten vor: Die Belgier saßen am Nordende und die Zivil- und
Segelflieger am Südende des Platzes; es herrschte eine Art von friedlicher
Coexistenz. Wenn es etwas zu besprechen gab griff man zum Feldtelefon,
drehte ein paar Mal die Handkurbel und hatte alsbald Herrn Billstein am
anderen Ende des Flugplatzes an der Strippe, den damaligen Beauftragten für
Luftsicherheit im zivilen Bereich. Oder man setzte sich kurz ins Auto und
brauste mal „in den Süden“, zur Baracke von Herrn Billstein. Ernste Probleme
gab es meines Wissens nie.
Am Schluß noch ein wenig Privates… Dass nicht nur
Franzosen sondern auch Belgier die Nützlichkeit einer „guten Küche“ zu
schätzen wissen, konnte man an der Zeitdauer der Mittagspause im belgischen
Kasernenteil des Butzweilerhof erkennen, die mit 1 1/2 Stunden (zumindest
für die Offiziere und Unteroffiziere war das so) für deutsche Verhältnisse
außergewöhnlich lang war. Als ziviler Angestellter war ich damals
berechtigt, mittags in der Offiziersmesse zu essen (was ich aber nur
mittwochs wahrnahm, denn dann gab es „standardmäßig“ Beefsteak mit
selbstgemachten Fritten und selbstgemachter Mayonnaise gab, ein
Festschmaus!). Bild unten: das ehemalige Offiziersheim. Heute der
Betriebskindergarten des Coloneums.
Die lange Mittagszeit nutzte ich im Übrigen dazu um es mir
mit Hilfe von zwei alten, bequemen Sesseln (ja, sowas gab es auch im Tower)
für ein Mittagsschläfchen bequem zu machen oder auch, um einen Trainingslauf
zu machen (damals war ich aktiver Leichtathlet).
Dazu kletterte ich über
einen etwa 3 m hohen Zaun, um zur Laufbahn auf dem benachbarten Gelände der
Britischen Streitkräfte in deren Ossendorfer Kaserne in Longerich zu
gelangen, was auch immer problemlos funktionierte. So wurde ich
nach-und-nach den dort
sporttreibenden englischen Soldaten bekannt und fand
mich rucki-zucki als Mitglied der Crosslauf-Mannschaft der Ossendorfer
RAF-Kaserne wieder, mit der Folge, daß dieses Läuferteam (mit mir als
verkapptem englischen Soldaten, allerdings als solcher eher unkenntlich,
weil in ziviler Sportbekleidung steckend und sehr gut englisch sprechend) in
der Herbst/Winter Crosslaufsaison, an einigen Wochenenden zu Wettkämpfen an
diversen englischen Standorten in NRW reiste, galt es doch, im Ranking der
Crosslaufteams der Britischen Rheinarmee eine vordere Platzierung zu
erreichen…
Bild unten: 3D-Modell des Butzweilerhof um 1960. Im Vordergrund
die Rollbahnen des Butzweilerhof. In der Bildmitte der Belgische
Tower, links davon die drei Flugzeughallen der Belgian Army Air
Base. Dahinter die Air station "Cologne Butzweilerhof" der
britischen Royal Air Force. Das rote Feld auf der rechten Seite
zeigt den Sportplatz der britischen Royal Air Force.
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Piper L18C |
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Eine Alouette II der Belgischen
Heeresflieger vor den Flugzeughallen der Belgian Army Air Base
Butzweilerhof. |
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