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Im Namen des Kaisers..... mein Opa der
Afrikafahrer
 
Der Kriegsschauplatz wechselt: Von den Küsten der Nordsee zu einer uns noch verbliebenen damaligen Kolonie, Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tansania. Obwohl vertraglich vereinbart, die Kolonien vom Kriegsgeschehen auszuklammern, begann man mit Nadelspitzen. England verhängte auch an der ostafrikanischen Küste eine Seeblockade, somit war auch dort der Nachschub an Versorgungsgütern unterbunden.

Obersteuermann Ernst Fegert
Obersteuermann
Ernst Fegert
Eigentlich befanden sich in den Kolonien keine reellen Truppenverbände, also keine Soldaten. Eine sogenannte Schutztruppe, die mehr Polizeiaufgaben hatte, sorgte für Recht und Ordnung. Das änderte sich mit dem 1. Weltkrieg. Der Kommandeur der neuen Schutztruppe war General von Lettow-Vorbeck. Mit ihm kämpften einige wenige Offiziere, Einheimische und seine farbigen Askaris, wie man die  afrikanischen Kämpfer und Träger nannte. Mir ist klar, dass wir heute ein ambivalentes Verhältnis zu „seinen sogenannten Heldentaten“ haben, die unter fragwürdigen Umständen zustande kamen, aber es würde den Rahmen sprengen, würde ich näher darauf eingehen
Ich erzähle hier die abenteuerliche Fahrt des L 59 und seiner tapferen Besatzung, mit meinem Großvater Ernst Fegert.   
 
Nachdem England die Funkstation im Hafen von Daressalam beschossen hatte, entschloss sich Lettow-Vorbeck seinerseits englische Einrichtungen anzugreifen. Schon bald sah er sich neben England auch mit Belgien und Portugal im Kampf. Da die alliierten Kräfte zahlenmäßig stark überlegen waren, zermürbte er seine Gegner mit der ihm eigenen Guerillataktik, aber er hatte Nachschubschwierigkeiten. Diese Notlage wurde durch den Oberstabsarzt Prof. Dr. Zupitza bekannt gemacht und das Kolonialamt bemühte sich bei der Kaiserlichen Admiralität um Nachschub aus der Luft. Zu der damaligen Zeit ein Novum. Nur einmal zuvor gab es Hilfe aus der Luft, als die ostfriesische Insel Juist im Winter 1916/ 17 vom Eis eingeschlossen und von der Außenwelt abgeschnitten war. Das Luftschiff L 16 hatte da die Lebensmittel-Versorgung übernommen.
 
General Paul von Lettow-Vorbeck war Kommandeur der Schutztruppe von Deutsch-Ostafrika
General Paul von Lettow-Vorbeck war Kommandeur der Schutztruppe von Deutsch-Ostafrika
1917 waren alle Kolonien in Afrika bis auf einen Teil Deutsch-Ostafrikas in Feindeshand gefallen und das Reichsmarineamt befand, dass der Wert einer solchen Hilfsexpedition für die Schutztruppe im psychologischen wie auch im politischen Bereich gesehen werden muss. Mit dieser Aktion wollte man zugleich die Wehrmoral der eigenen Kolonialtruppen und den Kriegswillen der Eingeborenen auffrischen.
Ein wichtiger Aspekt war außerdem, dass v. Lettow-Vorbeck Truppen der Alliierten sowie Gerätschaften in Afrika gebunden hat, die in den Mutterländern fehlten. Der Kaiser stimmte schließlich zu und die Hilfsaktion  wurde unter dem Namen „China-Sache“ zur Geheimmission erklärt.
 
Anfang September 1917 beginnt man in Friedrichshafen (Bodensee) mit dem Umbau eines Zeppelins. LZ 102 wurde speziell für die Versorgung der Schutztruppe  gebaut. Um die Nutzlast der Nachschubgüter über eine so weite Strecke wie 6500 km zu bringen, wurde der Zeppelin um 30 m auf 226, 5 m verlängert. Der Durchmesser des Zeppelins betrug 23, 9 m. Dadurch gab man dem Luftschiff ein Gasvolumen von 68.500 Kubikmetern mit einem Tragevermögen von 52.100 kg. 5 Maybach Motoren mit je 240 PS ermöglichten eine  Reisegeschwindigkeit von 103 km/h. Das Schiff wurde so leicht wie möglich ausgerüstet und völlig entwaffnet. Es fuhr unter der Bezeichnung L 57/ LZ 102.

Ende September ist das Luftschiff fertig umgerüstet und Kapitänleutnant Bockholt mit seiner Besatzung begann mit den Probefahrten. Anschließend wurde der Zeppelin in die Halle nach Jüterbog bei Berlin übergeführt, wo dann die Hilfsgüter für Ostafrika zugeladen wurden.
Kapitänleutnant Bockholt
Die Admiralität entschied sich, für diese gefährliche Fahrt, wieder Kapitänleutnant Bockholt einzusetzen, ihm traute man wohl den nötigen Pioniergeist zu, es handelte sich quasi um ein Himmelfahrtskommando, außerdem hatte er mit der Prisenfahrt und seiner Mannschaft mit L 23 schon einmal  seine Risikobereitschaft bewiesen.  
Wegen der Unmöglichkeit sich unterwegs mit Treibstoff zu versorgen bzw. den Gasverlust in der Kolonie auszugleichen, war eine Rückführung des L 59 nach durchgeführtem Auftrag von vornherein ausgeschlossen, so sollten alle Teile des Luftschiffs für den Feldeinsatz der Schutztruppe wiederverwendet werden. Die imprägnierte Außenhülle war für Zelte und Tropenanzüge gedacht oder wasserdichte Umhänge, wie auch Schlafsäcke. Eine Liste wie und wozu Teile verwertbar sind, war beigelegt!!!
Die Gaszellenstoffe waren als beste Baumwollstoffe für Hemden oder Schlafsäcke geeignet, Nähzeug inbegriffen. Der Kiel- oder Laufsteg war aus Leder gefertigt und sollte Schuhsohlen dienen. Teile der Träger des Luftschiffes aus Duralumin (Aluminium-, Kupfer-, Magnesium-, Mangan-, Silizium-, Eisen- Legierung, die zwar leicht aber sehr stabil war.) sah man als Tragbahren, Barackenstützen oder für Funktürme vor. Die Antriebsmotoren des Zeppelins hätten als notwendige Stromerzeuger des Senders gedient.  Neben dieser „wiederverwendbaren Transportverpackung“ hatte das Luftschiff eine Menge Munition, Maschinengewehre, Ersatzteile, ganz wichtig Medikamente, Verbandstoffe, Post für die Schutztruppe und die während der Fahrt benötigten Verbrauchs- und Ballaststoffe mit einem Gesamtgewicht von 48.362 kg an Bord. Mit seinem Leergewicht von fast 30.000 kg hatte die Gasfüllung ca. 80.000 kg Abfluggewicht zu schultern. Die Beladung verlief ohne Vorkommnisse.
Am 7. 10. 17 wollte der Kommandant mit dem beladenen Schiff noch eine Probefahrt unternehmen, obwohl sich ein Tiefdruckgebiet mit einem Gewitter näherte und der Wind stark aufgefrischt war. Bockholt hatte die Fahrt auf 2 Stunden ausgelegt und meinte vor dem herannahenden Gewitter seine Erprobung abgeschlossen zu haben. Aber schon beim Aushallen gab es Probleme mit den Böen und Bockholt versuchte sein Schiff so schnell wie möglich in die Luft zu bringen. Nach warnenden Funkmeldungen vor einem Anschwellen des Sturms entschloss sich der Kapitän doch wieder zu landen. Der Bug wurde vom Wind zu Boden gedrückt und schleifte über den Boden,  dabei gingen Steuerungseinrichtungen zu Bruch. Vor dem Hallentor wurde das Schiff wieder von einer Böe erfasst und 20 m hochgerissen, dabei kam ein Soldat der Haltemannschaft ums Leben. Das Schiff war nicht mehr unter Kontrolle zu bringen, Bockholt ließ Gas ab, um es schwerer zu machen, aber  es wurde zum Spielball des Windes und schließlich entzündete sich noch der Wasserstoff an einem Funken des Metall-Gerüstes. Das Luftschiff brannte mit der Ladung völlig ab. (Knallgas durch ein Gemisch aus Wasserstoff und Sauerstoff)
(Helium gab es noch nicht, heutige Vorkommen: USA, Polen, Katar, Australien, Russland u. Algerien)
 
Marineluftsschiff L 59 
Marineluftsschiff L 59                            (entnommen von Goebel, "Afrika zu unseren Füßen")
  Länge:  
Durchmesser:
 
Volumen:
Zellenzahl:
Leergewicht:
Nutzlast:
Motorenanzahl:
Motorleistung:
Gesamtleistung:
Geschwindigkeit:
226,5 m
23,9 m
68.000 m³
16
27,594 t
52 t
5
240 PS
1200 PS
103 km/h
An einen Abbruch der Aktion wurde nicht gedacht, sie war zum Prestigeobjekt geworden. Im Gegenteil, 2 Tage später war die Lösung gefunden. Der Luftschiffbau in Staaken bei Berlin sollte laut offizieller Version ein Luftschiff für einen Sonderzweck ausrüsten. Ein Ersatz war schon im Bau, L 59/ LZ 104.
In den folgenden 2 Wochen wurde der Zeppelin wieder um 30 m verlängert und konnte bereits am 30. 10. zu seiner ersten Werkstattfahrt starten. Beladen mit erneut beschafften 14 t Hilfsgütern wurde L 59 nach geglückten 4 Probefahrten am 3. 11.  nach Jamboli in Bulgarien, dem südlichsten Luftschiffhafen des Reiches, übergeführt. Von hier Jamboli sollte die Expedition nach Afrika starten.
 
Ein erster Startversuch musste wegen schlechter Wetterver- hältnisse aufgegeben werden.
 
Am 16. 11. startete das Schiff zum 2. Mal. Über türkischem Gebiet geriet es wieder in ein starkes Gewitter und wurde zudem von türkischem Militär unter Beschuss genommen, weil das aus Geheimhaltungsgründen nicht unterrichtet war. Nach 32 Std. und einer Strecke von 1434 km landete Bockholt wieder in Jamboli. Das Schiff hatte durch Einschüsse und Sturmböen stark gelitten und musste erst wieder einsatzbereit hergerichtet werden.

Fahrtroute des Marineluftschiff L 59
Fahrtroute des Marineluftschiff L 59
Am Morgen des 21. 11. startete man erneut, der Schiebewind in höheren Luftschichten war günstig. Man steuerte über die europäische Türkei, Smyrna (Izmir) die Route Kos über die Ägäis, Kreta an. Über das östliche Mittelmeer fuhr man die afrikanische Küste Ägyptens an.
In der Nacht musste das Schiff erneut ein heftiges Gewitter durchfahren. Zur Sicherheit wurde die Funkanlage abgeschaltet und die Antennen, die aus einfachen Schleppseilen bestanden, mittels Handwinde eingefahren. L 59 kämpfte die ganze Nacht mit Sturm und starkem Regen, so dass es kaum vorwärts kam.

Am nächsten Morgen erreichte man Ägypten. Von dort ging  es südwärts über eine Landschaft, wie sie noch kein Luftschiff überfahren hatte – über eine glühendheiße Wüste,  deren Sand das Sonnenlicht so grell reflektierte, dass viele der Besatzungsmitglieder Augenschmerzen mit Kopfweh und Halluzinationen bekamen. Heiße Luftströmungen ließen das Luftschiff so stark schwanken, dass selbst erfahrene See- bzw. Luftfahrer durch die Turbulenzen luftkrank wurden. Hinzu kamen die Temperaturschwankungen. Wegen dieser war das Unternehmen rein fahrtechnisch schon eine Meisterleistung. Das Wasserstoffgas reagierte auf Temperaturschwankungen sehr sensibel und es bedurfte großer Erfahrung das Luftschiff auf Höhe zu halten. Turnusmäßig wechselte der Dienst nach 4 Stunden, der Plan konnte aber wegen des schlechten Zustandes der Besatzung nicht beibehalten werden. Man wechselte nach Bedarf. Ruhe fand man auf diesem Luftschiff ohnehin nie, von Komfortkabinen war man weit entfernt, die Mannschaft schlief in Hängematten auf dem Laufgang, immer der Hitze der Mittagszeit oder beißender Kälte in der Nacht ausgesetzt. Hinzu kamen die Motorengeräusche.
Es gab keinerlei Komfort und keine Intimsphäre, man hatte alles dem Gewicht geopfert. Die Besatzung, alles Spezialisten, war ein eingespieltes und eingeschworenes Team, sonst wäre so ein schwerer Dienst auch nicht möglich gewesen, einer musste sich auf den anderen verlassen können und alle fühlten sich dem Dienst am Reich verpflichtet, den in Not geratenen Kameraden zu Hilfe kommen, war patriotische Pflicht.
 
L 59 passierte die Oase Siwe, Farafra und am Nachmittag überfuhr man die Oase Dakhla in Ägypten. Etwa eine Stunde später setzte der Motor in der Führergondel aus, an dem auch der Dynamo für Funktelegraphie angeschlossen war. Somit war das Schiff von der Außenwelt abgeschlossen.
 
In der Abenddämmerung erreichte L 59 am 22. 11. den 2. Nilkatarakt im Sudan. Die 22 Männer ertrugen alle Strapazen mit dem Bewusstsein, die Hälfte der Fahrt schon überstanden zu haben und einer großen Sache zu dienen, wenn ihre Mission gelingt. Unerforschte Steppengebiete, die Sümpfe des Weißen Nil, die Regenwälder des Hochlandes am Äquator und die Savannen Tangajikas lagen noch vor ihnen. Aber Kapitänleutnant Bockholt, der sich hauptsächlich auf astronomische Navigation verließ, verfolgte unbeirrt seinen Kurs, unterstützt von seinen tüchtigen Steuermännern. Fegert, zur Stammmannschaft Bockholts gehörend, war gesetzt, Steuermann Wald hatte man von der SMS Goeben, einem Kreuzer der Mittelmeerflotte geholt, beide hatten Erfahrungen in diesen Breitengraden. Grußendorf und Maas vervollkommneten das Führungsteam.

Bild links: entnommen von Goebel, "Afrika zu unseren Füßen"
Kein Luftschiff zuvor hatte in diesen Breiten- graden operiert, auch waren keine geographi- schen Kenntnisse durch Luftaufnahmen vom  afrikanischen Kontinent bekannt. Man hatte kaum Orientierungspunkte über den Wüsten. Das größte Problem aber war das Wetter, keine befreun- dete Wetterstation konnte die Windrichtung- und stärke durchgeben, auf die man so sehr angewiesen war. Die Turbulenzen in den verschiedenen Höhen, brachten den Höhensteuerer immer wieder an Grenzen. Den Steuermännern kam auf dieser Fahrt eine besondere Bedeutung zu. Für die lange Distanz musste man mit dem Traggas haushalten, die Prallhöhe durfte nicht überschritten, möglichst kein Gas über die Ventile abgeblasen werden, d. h. dass man vermehrt auf dynamische Steuerung setzte. Die Temperaturunterschiede glich man aus, indem man bei Erwärmung des Traggases buglastig fuhr, also mit sog. leichtem Schiff, während man bei Abkühlung in der Nacht mit sog. schweren Schiff hecklastig fahren musste, um der verminderten Auftriebskraft entgegen zu wirken.
Als man das Getriebe des Motors wieder instandgesetzt hatte, erhielt man gegen 2.00 Uhr nachts in der Höhe von Khartum im Sudan, folgenden Funkspruch des Admiralstabs von der Radiostation Nauen bei Berlin: „Letzter Stützpunkt Lettow-Vorbeck, Rewala, verlorengegangen. Ganzes Makonde-Land im Besitz der Engländer. Teile Lettows gefangen, Rest abgedrängt. Sofort umkehren.“
Gruppenbild der Besatzung von L 59 nach 95 Stunden ununterbrochener Fahrt.

Der Rückruf beruhte auf einer Meldung der Briten über die Lage der Kolonie, die so ernst war, dass man befürchten musste, L 59 würde in Feindeshand fallen.
Bockholt konnte nicht wissen, dass der Admiralstab falsch informiert war und dass sich Lettow-Vorbeck in Wirklichkeit immer noch hielt. Das Gerücht, dass die Briten absichtlich diese Falschmeldung streuten, hielt sich sehr lange. In Wirklichkeit sah sich der Admiralstab aufgrund einer Meldung des Reichskolonialamtes veranlasst, die Fahrt abzubrechen, „da die Wahrscheinlichkeit des Misserfolges aufgrund der deutscherseits ver- schlechterten Gefechtslage zu groß erschien.“ 
 
Über diesen Rückruf wurde viel spekuliert und ranken sich viele Verschwörungstheorien. Auch ich kann nur über den Grund fabulieren. Durch die einmonatige Verspätung der Versorgungsfahrt durch die Havarie, hatte sich die Situation um General v. Lettow-Vorbeck verändert. Sein Truppenverband war nur noch ein versprengter Haufen, aber dass das Luftschiff in dem unübersichtlichen Gebiet auf ihn gestoßen wäre und nicht in Feindeshand gelandet wäre, war doch ziemlich unwahrscheinlich. Die Entscheidung, die Fahrt abzubrechen, war aus Sicht der Kolonialverwaltung wie der Admiralität vernünftig, so hat man Mensch und Material geschont. „Die Schmach“, ihr Ziel nicht erreicht zu haben, wurde durch die Rettung der wertvollen Fracht wettgemacht.
Kommandant Bockholt ließ befehlsmäßig umkehren und ist wahrscheinlich dadurch den Flugzeugen entkommen, die die  Engländer bereithielten, um L 59 abzufangen.
 
Was mag in der Besatzung vorgegangen sein. Solch übermenschliche Kräfte kann man nur sammeln, wenn man ein festes Ziel vor Augen hat. Hier ging es ja nicht um eine kriegerische Auseinandersetzung, dass Werte verteidigt werden sollten, sondern um eine rein humanitäre Handlung, für die man auch sein Leben eingesetzt hatte. Dies spricht für eine funktionierende Kameradschaft und den Geist, der in so einer Luftschifftruppe herrschte. Der Einsatz wurde nicht befohlen, er war freiwillig. Deswegen widerstrebt es mir auch, einzelne Personen und ihre Verdienste um die Luftfahrt allgemein herauszustreichen, hier hat das Team zusammen gewirkt und allen gebührt Dank. Sie sind alle an ihre Grenzen gegangen.



Bei der Aufarbeitung der Fahrt bin ich durch viele Höhen und Tiefen gegangen, wir haben im Arbeitskreis sehr kontrovers diskutiert, gestritten und um Wahrheiten gerungen. Bei der verschiedenartigen Literatur, wohl auch der Geheimhaltung geschuldet, eventuell der damaligen Propaganda unterworfen, der Eile, die geboten war, ein neues Luftschiff zu bauen und zu bestücken, sind wohl durch verschiedene Quellen Personalverschiebungen unvermeidbar gewesen. Es war in letzter Konsequenz nicht zu eruieren, wer zu welchem Zeitpunkt an Bord war. In die Wehrpässe wurden wegen der Geheimhaltung fingierte Einsätze eingetragen, so dass man auch anhand dieser Eintragungen zu keinem eindeutigen Ergebnis kam.  Anhand des vorhandenen Bildes erkenne ich meinen Großvater auf dem Besatzungsfoto des L 59, ausgehängt im Zeppelin-Museum-Friedrichshafen.
Ich bin stolz auf diesen Großvater. Er hatte wenige Wochen vor der Fahrt seine junge Frau in Tondern verloren, ob er seinen Schmerz darüber in der strapaziösen Fahrt vergessen konnte? Viel Zeit zum Nachdenken hatte er sicherlich nicht und das war gut so,  er hatte eine Aufgabe zu erfüllen, wo er seinen Mann stehen musste.   
Die Rückfahrt war für die Mannschaft aus psychologischer Sicht nicht einfach, das gemeinsame Ziel hatten sie aus den Augen verloren, aber nun hieß es für den Kapitän des Schiffes, seine Männer zu motivieren und sie sicher nach Hause zu bringen.  Zurück wurde ein anderer Weg gewählt, man ging dem Feind mehr aus dem Weg, nahm das östliche Mittelmeer, die Türkei und die Route übers Schwarze Meer. Den Engländern war durch die vielen
Lufschiffhafen Jambol
Luftschiffhafen Jambol
Funksprüche nicht verborgen geblieben, dass ein Luftschiff im Mittelmeerraum unterwegs war. L 59 war nicht auf Feindberührung eingestellt, es war entwaffnet, sie hätten wenig zu ihrer Verteidigung tun können.    
 
Am 25. 11. 1917 landete der Zeppelin um 7.40 Uhr wieder in Jamboli. Das Luftschiff hatte in 95 stündiger Fahrt rund 6800 km unter schwierigsten meteorologischen Verhältnissen und körperlichen Strapazen zurückgelegt.
Auch wenn der Zweck der Fahrt nicht erreicht wurde, so blieb und bleibt die moralische Leistung, die fliegerische Tat und ein neuer Streckenrekord bestehen, womit L 59 zum Wegbereiter des späteren zivilen transatlantischen Luftschiffverkehrs wurde.

Nach der Afrika-Fahrt wurde L 59 zum Jahreswechsel 1917/18 wieder in Deutschland  zum Fronteinsatz umgebaut. Anfang 1918 wurde LZ 104 für Angriffsfahrten im Nahen Osten und Italien eingesetzt.  Am 10. 3. 18 fuhr das Schiff einen Angriff auf die Flottenbasis und Industrieanlagen von Neapel. Diese Fahrt machte mein Großvater schon nicht mehr mit, wir fanden eine Verwundeten-Liste vom 9. 3.18. Er war schwer verletzt. Hier verliert sich seine Spur, aus einem Fragebogen von der Luftwaffe von 1937, wissen wir, dass Ernst Fegert am 15. 9. 1918 zum Leutnant z. S. d. R. befördert wurde.
Am 7. 4. 1918 stürzte das Luftschiff  aus ungeklärter Ursache bei einer Angriffsfahrt auf Malta, über der Straße von Otranto, in das Mittelmeer.
Es gab keine Überlebenden.   
 
Zu diesem Thema ist folgender Artikel erschienen.

"Aboard a Zeppelin to Africa, 1917"
 
        Piraterie                  Veteran

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